Das Ziel dieses ETH-Projekts war, anhand der gesammelten Recherche eine These zu formulieren und sie in architektonische Interventionen zu übersetzen. Die Recherche fing als kollektive Arbeit an, wobei sich die sieben Architekt:innen mit allen Kirchen befassten, um eine Übersicht zu schaffen. Danach fokussierte jede bzw. jeder der Beteiligten auf eine einzelne ausgewählte Kirche. Die sieben Thesen wurden nach den sechs Wochen Recherchephase formuliert und im Lauf der Entwurfsphase materialisiert. Eine Sammlung aus Plänen, Modellen, Visualisierungen, Videos und Fotosammlungen machen jedes dieser Projekte einzigartig und spannend. Hinter den sieben erfolgreich bestandenen Diplomarbeiten stehen folgende Architekt:innen:
- Christian Cotting (Kirche St. Peter)
- David Riedo (Markuskirche Seebach)
- Eric Wuite (Kirche Enge)
- Frederike Merkel (Stefanskirche Hirzenbach)
- Gabriel Fiette (Pauluskirche)
- Patrick Greber (Predigerkirche)
- Paul Grieguszies (Alte und Neue Kirche Altstetten)
Das Thema des Diplomsemesters wurde von den Professuren von Dr. Prof. Silke Langenberg und Prof. Adam Caruso vorgegeben. Betreut wurden die Arbeiten von den Assistierenden Claudio Schneider, Emilie Appercé und Reto Wasser. Wir bedanken den Lehrstühlen und den Studierenden für die grossen und anregenden Arbeiten.
Die Rolle des Predigerareals hat sich im Lauf der Jahre gewandelt. Es war immer ein Zufluchtsort für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Das öffentlich Zentralbibliothek neben der Predigerkirche macht Wissen für alle zugänglich. Die Geschichte zeigt jedoch, dass diese Ideen miteinander verbunden sind.
Die Kirche kann vom Wissens- und Bildungsauftrag der Bibliothek direkt profitieren, die Durchmischung des Publikums führt zu neuen Anknüpfungspunkten. Für dieses Konglomerat muss jedoch Raum geschaffen werden. In diesem Projekt formen räumliche Verbindungen ein Ensemble, das auf Bildung, Zuflucht und Spiritualität in jeder Form basiert. Ein Vermittler überbrückt die Kluft zwischen Kirche und Bibliothek. Kleine Interventionen, verbunden durch einen zentralen Zugangsturm, bieten Raum für Menschen in Not. Das neu gedachte Predigerareal unterstützt ein Nebeneinander von Bildung, Zuflucht und Spiritualität.
Die St. Peterhofstatt ist eine Oase. Man fühlt sich vom Stress des Alltags befreit. Die Menschen kommen auf den Platz, um zu Mittag zu essen, um eine ruhige Minute zu finden oder um sich zu entspannen. Diese befreiende Atmosphäre überträgt sich auf die Kirche, und die St. Peterhofstatt bildet so einen zusammenhängenden Raum mit dem Vorplatz. Diese befreiende Atmosphäre überträgt sich auf die Kirche selbst – einen Ort für die Gemeinschaft, an dem man beten, arbeiten und leben kann.
In diesem Projekt bildet ein Kreuzgang auf dem Vorplatz eine neue Eingangssituation und fängt das Regenwasser auf für einen Springbrunnen. Die alten Türen der Kirche werden entfernt, um den Kirchenraum mit dem Vorplatz zu verbinden. Eine filigrane Stahlkonstruktion, die mit einem Stoffdach überspannt wird, bildet eine kleinere Struktur in der Grösse der früheren romanischen Kirche. Die Fenster auf allen Seiten können hochgefahren werden, um den Gebetsraum zu vergrössern. Im hinteren Teil der Kirche öffnen sich Zellen für den individuellen Rückzug. In der hinteren St. Peterhofstatt werden Pflastersteine entfernt und zu Bänken gestapelt, um einen Garten zu schaffen. Der Ort selbst schafft eine «zielgerichtete Nutzlosigkeit», um sich auf das sinnliche Erlebnis zu konzentrieren.
Die jüdische Gemeinde Zürichs, die sich in den Kreisen zwei und drei konzentriert, benötigt viel Platz für Gottesdienste und Versammlungen, wie die liberale jüdische Gemeinde Or Chadasch. Damit die Kirche Enge, wie in diesem Projekt angedacht, in eine Synagoge umgewandelt werden könnte, müssten folgende Aspekte berücksichtigt werden.
Die Gemeinde muss nach Jerusalem zugewandt sein, die Darstellung christlicher Figuren und Symbole muss verdeckt werden und der Raum sollte eine deutlich höhere Beleuchtungsstärke aufweisen, um ihn multifunktional nutzen zu können. Diese Anforderungen sollten mit minimalistischen baulichen Eingriffen gelöst werden, da die Kirche unter Denkmalschutz steht und keine wesentlichen baulichen Veränderungen zulässt. Die Bestuhlung und der Chorbereich werden in Südost-Richtung gedreht, jegliche Ornamentik wird durch grossflächige Vorhänge verdeckt und die innere Kuppel wird teilweise entfernt, um zusätzliches Licht in die Kirche zu bringen.
Als die Pauluskirche 1934 gebaut wurde, diente sie als soziales Zentrum für die neu errichteten Wohnsiedlungen der Arbeiter:innen in der damals boomenden Industrie. Heute könnte sie als soziales Zentrum für die ständig wachsende Zahl von Studierenden dienen, denen es an freien Räumen für die Arbeit ausserhalb des Hauses oder der Universität fehlt.
Das Kirchenschiff könnte als grosser, vielseitig nutzbarer und öffentlicher Raum fungieren, der meist als Lesesaal genutzt wird, sich aber leicht in einen Hörsaal oder einen Konzertsaal verwandeln lässt. Ein Vorhang, der jeden zweiten Sonntag für den Gottesdienst zugezogen werden könnte, würde eine intimere Atmosphäre für die Kirchenbesucher:innen schaffen. Auf der anderen Seite würde das Gemeindezentrum diese Leere ausgleichen, indem es in ein sehr dichtes Gebäude umgewandelt wird, das mit einer Bibliothek, einem Café und vielen kleinen Arbeitsräumen ausgestattet ist, die unter anderem für Konferenzen gebucht werden können. Der grosse Platz würde durch den Anbau einer Loggia ans Gemeindezentrum umgestaltet, die sowohl als Eingang zum Studienzentrum als auch als überdachter Aussenbereich für das Café und als Bühne für Konzerte im Freien dient.
Trotz zahlreicher historischer Veränderungen profitiert die Kirche Altstetten heute davon, dass sie als Denkmal vor dem Abbruch geschützt ist und gleichzeitig einen Schutz für ihre Gemeinde und andere Minderheiten darstellt. Ausserhalb dieser schützenden Mauern ist der Stadtteil Altstetten derzeit einem starken Wandel unterworfen, und viele der derzeitigen Angebote müssen schliessen oder aus dem Quartier wegziehen.
Indem wir das Potenzial der Kirche verstärken, kann der Hügel hinter dem Lindenplatz als Tragetasche für das genutzt werden, was entfernt und abgerissen werden soll. Mit punktuellen Eingriffen wird die Kirche für diese Programme verändert. Jeder dieser Abschnitte bringt neues Leben in die bestehenden, aber ungenutzten Räume der Kirche und lädt so neue Menschen und Gemeinschaften in die Kirche ein.
Studierende haben einen Fundus voller Fakten, Bilder und Inspirationen gesammelt und teilen diesen Schatz weiter.