BAUWEISEN UND MATERIALISIERUNG


Einleitung

 

02.1 Predigerkirche

 

Die baustatischen Systeme der Gebäude hatten in jeder Epoche einen direkten Einfluss auf die Typologien, die Öffnungen und die Lichtführung sowie die dadurch entstehende Atmosphäre in den sakralen Räumen und prägen noch heute das Erlebnis des Kirchenbesuchs.

Durch die technischen Entwicklungen im Lauf der Zeit veränderten sich die Kirchenräume in ihren Grössen und Proportionen. Um 950 n. Chr., zur Zeit der Romanik, hielten sich die Spannweiten durch die massiven Gewölbe in Grenzen. Ab dem 12. Jahrhundert, während der Gotik, wurde die Baustatik mit Strebewerken und filigraneren Kreuzrippengewölben weiterentwickelt. Dieser Fortschritt ist in den ältesten Kirchen der Zürcher Altstadt sichtbar (Grossmünster, Fraumünster, Predigerkirche).​​​​​​​

Die Formen und Typologien der Kirchenräume veränderten sich aufgrund der reformierten Liturgie. So wurden die katholisch geprägten Langhäuser zu den Predigerkirchen. Die Kanzel rückte immer mehr in die Mitte, bis die Typologie der Kreuzkirche im späten 19. Jahrhundert als für damalige Begriffe «optimaler Grundriss» galt. Die Gemeinde war nun viel näher an der Liturgie.

Die nächste einflussreiche baustatische Neuerung erfolgte im Lauf des 20. Jahrhunderts mit dem Eisenbeton und der sogenannten Skelettbauweise. Diese ermöglichte grössere Spannweiten bzw. Dimensionen mit dünneren Profilen und dadurch neue Möglichkeiten für den Ausdruck der Kirchenräume (zum Beispiel in der Neuen Kirche Altstetten).​

​​​​​​​Durch die strukturellen Änderungen und neuen Möglichkeiten veränderten sich auch die Lichtstimmungen in den Kirchen. Die massiven Mauern und dadurch kleinen Fenster der Romanik wurden in der Gotik von breiteren und höheren Öffnungen abgelöst.

02.1 Auf der Egg 02.

 

Die direkte Belichtung über die Seite ins Langhaus oder über die Giebelfelder in den Kreuzkirchen war bis in die Zeit der Moderne üblich.

In der Moderne wurden viele Kirchen über einen umlaufenden Fensterkranz unterhalb der Dachkante belichtet (Kirche Glaubten, Andreaskirche). Eine direkte Sicht ins Freie wich nun einer Sicht in den Himmel. In der Zeit, als der Beton auch als Material sichtbar wurde, entwickelte sich die indirekte Belichtung über zenital einfallendes Licht. So wurden die Kirchenräume introvertierter und zum Teil auch wieder dunkler.

Ein Thema, das in der Recherche über den Bau einer Kirche und vor allem deren Ausstattung einige Schwankungen und Richtungswechsel mitgemacht hat, sind die Art und der Grad der Repräsentation sowie von Verzierungen, Bildern und Orgeln.

Zu Beginn der Reformation noch verteufelt und aus den ursprünglich katholischen Kirchen entfernt, kamen Verzierungen, Bilder und Orgeln spätestens 1839 mit dem Bau des Neumünsters in die Zürcher Kirchen zurück.

Die schlichten Oberflächen wurden bis ins frühe 20. Jahrhundert wieder reich ornamentiert, wie etwa in der Kirche Enge oder der Neuen Kirche Fluntern.  

Ab den 1930er-Jahren wurden die Kirchenräume wieder schlichter. Die reichhaltige Fülle im sakralen Raum wurde nicht mehr durch Gemälde und Verzierungen hergestellt. Der Fokus lag auf den grossflächigen Materialoberflächen von Beton oder Sichtbackstein, neuen Arten der Lichtführung und stilistischen Elementen der Tragstruktur.

 

 

Entwicklung der Baustatik: Frühere Epochen

Älteste Zeugen: Kleine Dorfkirchen

In den umliegenden ehemaligen Dörfern rund um das Zentrum von Zürich finden sich Kirchen aus der Zeit vor der Reformation, zum Beispiel in Höngg oder Altstetten.

In der Regel bestehen diese Kirchen aus einem längsrechteckigen Schiff mit polygonalem Chorabschluss im Osten und Vorbau mit Treppe zur oberen Empore im Westen.

Der Innenraum ist jeweils ungefähr 20 mal 8 Meter gross. Der Chor ist stets mit zentriertem Taufbecken oder -stein ausgestattet und mit einer seitlichen Kanzel möbliert. Die Decken des Innenraums, oft aus Holz, sind flach. Die Dächer sind schräg oder in Sattelform, die einen zum Turm führenden Gang bilden. Die Kirchen befinden sich auf erhöhtem Terrain neben oder auf dem alten Friedhof.

Obwohl die Kirchen oft vor dem 13. Jahrhundert erbaut wurden, wurden fast alle im 20. Jahrhundert weitgehend umgestaltet und umgebaut, vor allem nach archäologischen Ausgrabungen. Somit gehören diese Kirchen sowohl zu den ältesten als auch zu den jüngsten Kirchen.

 

 

Grundriss der Kirche Schwamendingen Grundriss der Niklauskirche Grundriss der Kirche Unterdorf Grundriss der Alten Kirche Wollishofen

Massivbau in Naturstein: Romanik

Die ältesten Kirchen in Zürich stammen aus der Romanik. Vor der Reformation wurden die Kirchen Ost-West-orientiert gebaut, wobei sich der Chorraum mit dem Altar im Osten befand. Dies trifft auch für das Grossmünster zu.

Die Mauern wurden in dieser Epoche aus sehr massivem Stein gebaut. Die Fassade wirkt sehr homogen, nur die Joche und Lisenen, die das Dach und die Gebäudeecken verstärken, werden an der Fassade gezeigt.

Die Öffnungen in den Mauern sind sehr klein. Dies hatte mit den statischen Möglichkeiten, aber auch mit der damals sehr kostspieligen Verglasung zu tun. Die Spannweiten der Gewölbedecken und Schiffe sind kurz. Dadurch bilden die Joche ein dichtes Stützenraster.

Die Scheidewände, die den Raum in Haupt- und Nebenschiffe trennen, lösen sich über den Stützen in eine Arkade aus sehr massiven Wänden mit wenigen Durchbrüchen auf. Durch diese schmalen Öffnungen gibt es nur wenig Ausblick nach draussen.

 

       02.2 Bauweisen Romanik 01.jpg

 

Weiterentwicklung: Gotik

Mit den technischen Weiterentwicklungen der Baustatik begann die Zeit der Gotik. Dies fand nicht in ganz Europa gleichzeitig statt. Erst im 13. Jahrhundert, etwa ein Jahrhundert nach ihren Anfängen in Frankreich, wurde die Gotik in der Schweiz bzw. in Zürich sichtbar.

Die massiven Wände und Stützen der Romanik zwischen den Schiffen lösten sich auf und wurden zu filigranen Hochpfeilern. Die horizontal wirkenden Schubkräfte wurden durch die neuen Strebepfeiler aufgenommen. Diese tragenden Elemente der Konstruktion wurden grösstenteils nach aussen an der Fassade verlagert.

So wurde der Innenraum von statischen Elementen entlastet und wirkte plötzlich scheinbar leicht, hell und schwerelos. Durch die optimierte Bauweise entstanden immer höhere Bauten mit einer deutlich veränderten räumlichen Atmosphäre. Es kam mehr Licht nach innen, vor allem durch die hohen Spitzbogenfenster mit oben liegendem Masswerk und die Obergaden des erhöhten Mittelschiffs.

 

                                 02.2 Bauweisen Gotik 02.jpg

Überlagerung der Epochen

Einige der Kirchen in Zürich wurden über die Jahrhunderte in den jeweils aktuellen Baustilen weitergebaut und überformt. Gute Beispiele hierfür sind das Grossmünster oder das Fraumünster.

Im unteren, älteren Teil des Grossmünsters ist die romanische Baustatik noch gut zu erkennen: die kleinen Rundbogenfenster, die schlichten Ecklisenen und die massiven Wände.

Der darauf aufgesetzte Teil mit den beiden Türmen an der Westfassade wurde in der Zeit der Gotik (im frühen 13. Jahrhundert) ergänzt. Dies bezeugen die grösseren Spitzbogenfenster sowie die fein akzentuierten Lisenen. Die Turmkuppeln wurden erst um 1768 im Stil der Neugotik erbaut.

 

 

02.2 Bauweisen Überlagerung der Epochen 01.jpg 02.2 Bauweisen Überlagerung der Epochen 02.jpg 02.2 Bauweisen Überlagerung der Epochen 03.jpg 02.2 Bauweisen Überlagerung der Epochen 04.jpg

Proportionswechsel im Klassizismus: Das Neumünster als Neubeginn

Das 1839 gebaute Neumünster ist Zürichs erste klassizistische Kirche und markierte einen neuen Stil, der vom englischen Klassizismus übernommen wurde. Es brachte eine neue Grösse und neue Stilelemente in den Kirchenbau in Zürich.

Der saalartige, einschiffige Raum von 30 Metern Länge, 20 Metern Breite und 12 Metern Höhe ist mit einer Kassettendecke mit kräftigem Relief überspannt. Die gotischen Gewölbedecken wurden hier durch eine Flachdecke abgelöst. Durch seinen einschiffigen Grundriss sowie die grossen Fenster ist der Innenraum sehr gut belichtet.

Die Kirche brach gleich zwei Tabus: Erstens wurde diese reformierte Kirche direkt beim Bau mit Gemälden bestückt, die im Bildersturm der Reformation aus den damaligen Kirchen entfernt worden waren. Zweitens wurde die Orgel prominent im Blickfeld der Besucherinnen und Besucher oberhalb der Kanzel positioniert. Früher waren die Orgeln über dem Eingang positioniert, da sonst das Instrument im Raum zu präsent wirkte und nur gehört, nicht gesehen werden sollte.

 

               02.2 Bauweisen Neumünster 01.

Die Kreuzkirche im Grundriss als neue Form

Vom Langhaus der Opferkirchen zu den Predigerkirchen haben sich die Typologien und die statischen Systeme nur leicht verändert.

Mit der Kirche Bühl gelang Paul Reber eine Kirchentypologie, welche die Werte der reformierten Kirche verinnerlichte. Beeinflusst vom Wiesbadener Manifest, das 1890 Richtlinien für eine neue Art des Kirchenbaus veröffentlichte, baute Reber die erste Kirche in Zürich, in der sich die Gemeinde von drei Seiten doppelstöckig rund um die Kanzel und den Taufstein schart.  

Dieser Typus, bekannt als Kreuzkirche, wird in den folgenden Jahren, um die Wende zum 20. Jahrhundert, bei fast allen Kirchenbauten angewendet.

Weitere kreuzförmige Kirchen in Zürich sind die Kirche Enge (1894), die Johanneskirche (1898), St. Jakob (1901) und die Kirche Oerlikon (1908).

Grundriss der Kirche Enge (1894) Grundriss der Bühlkirche (1896) Grundriss der Kreuzkirche (1905) Grundriss der Kirche Oerlikon (1908)

  

Entwicklung der Baustatik: Moderne

Strukturelle Entwicklungen durch Beton und Backstein.

Massivbau: Erster Kirchturm aus Beton – Pauluskirche (1934)

Der offene Glockenturm der Pauluskirche, der erste Kirchturm aus armiertem Beton in der Stadt Zürich, wurde 1934 eingeweiht. Der Betonbau ist mit Muschelkalk aus Estavayer verkleidet. Er verfügt über das grösste Geläut von Zürich.

Die schlichten Formen und Kanten und die Rundbögen als Rückbesinnung auf das antike Rom sind stilistische Elemente der italienisch-faschistischen Architektur, die in dieser monumentalen Kirche zu erkennen sind.

Das angebaute Kirchgemeindehaus wurde in Backstein errichtet und verputzt.

Ensemble aus Beton: Auf der Egg (1936)

Kurz nachdem der Turm der Pauluskirche fertiggestellt war, begann der Bau der Kirche Auf der Egg in Wollishofen. Hier wurde das ganze Ensemble in armiertem Stahlbeton erstellt und wie bei der Pauluskirche mit Muschelkalk verkleidet. Der sichtbare Beton war hier nicht erwünscht.

In Basel dagegen war die Antoniuskirche, die erste Schweizer Kirche in Sichtbeton, schon zehn Jahre zuvor fertiggestellt worden.

                02.2 Bauweisen Moderne Pauluskirche 04.

Skelettbau in Eisenbeton: Neue Kirche Altstetten (1941)

Bis in die 1930er-Jahre hatte sich die Zahl der reformierten Bevölkerung in der Stadt Zürich fast verzehnfacht. Die alten Dorfkirchen wurden für die stark wachsenden Stadtquartiere wie Altstetten und Seebach zu klein. An diesen Orten wurden nun grössere Kirchzentren geplant.

Beide Kirchen, die Neue Kirche Altstetten sowie die Markuskirche, weisen eine ähnliche Konstruktion auf: Skelettbau in Eisenbeton, mal mit Kalksteinen, mal mit Backsteinen ausgefacht und mit Steinquadern verkleidet. Trotzdem wurden zwei ganz verschiedene Bauwerke erstellt, die Ausdruck unterschiedlicher Kirchenverständnisse sind. Bei der Kirche in Altstetten ist die Betonstruktur im unteren Gemeindehaus als raumhaltiges Fundament zu verstehen.

Achteckiger Zentralbau: Markuskirche Seebach (1948)

Bei der Markuskirche handelte es sich um ein äusserst umstrittenes Projekt, da aus theologischen und ästhetischen Gründen auf den traditionellen Kirchengrundriss mit Langhaus und Chor verzichtet wurde.

Die achteckige Form nimmt den Gedanken der im Kreis versammelten Gemeinde auf, die sich typologisch und stilistisch in die Architekturtradition der späten 1940er-Jahre einreiht. Die Skelettbauten aus Beton wurden jeweils mit Backsteinen, Steinquadern oder Zementsteinen ausgefacht.

 

 

 

            02.2 Bauweisen Moderne Markuskirche 01.1.jpg

Stefanskirche (1955) und Bullingerkirche (1956)

Die Bullingerkirche, die Stefanskirche und die neue Kirche Witikon übernahmen die Typologie der Markuskirche. Diese Kirchen sind vom liturgischen Raum her entworfen, in dem die Gemeinde sich um Kanzel und Abendmahltisch versammelt. Architektonisch orientieren sie sich mehr am allgemeinen Kirchenbau der Zeit, der stark von der katholischen Liturgiereform geprägt war.

Schlichte Backsteinkirchen nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich einiges: Die Kirchen suchten Standorte mitten im Quartier, die Höhe der Türme wurde herabgesetzt. Um 1950 drängte sich die Architektur nicht auf. Es sind bescheidenere Rechteckbauten unter einem Sattel- oder Walmdach, etwa die Kirchen im Friesenberg, beim Balgrist, in Albisrieden, im Letten sowie die Matthäuskirche. Stünden die Türme nicht oder gäbe es keine Dachreiter, wären die Gebäude kaum als Kirchen erkennbar.

Beton trägt Sichtbackstein: Thomaskirche (1961)

Als die Thomaskirche 1961 eingeweiht wurde, erregte der nordische Backsteinbau mit den weit herunterreichenden Dächern viel Aufsehen. «Schwedendächer» nannte sie der Volksmund und sie wurden das augenfälligste Merkmal der neuen Kirche.

Der massive Betonbau wurde innen und aussen mit rötlichem Sichtbackstein verkleidet. Es handelt es sich somit nicht um einen Monolith, sondern um eine sogenannte Mischbauweise, in der die Trag- und die Schutzschicht voneinander entkoppelt sind.

 

                 02.2 Bauweisen Moderne Thomaskirche 02.

Kirche Saatlen (1964)

Die Kirche für die neu gegründete Gemeinde Saatlen am Rand von Schwamendingen gleicht aussen einer grossen Skulptur im Stil der Bauzeit (1961–1964). Die Bauart der expressiven Staffelung der Kuben mit vielen Ecken, Vor- und Rücksprüngen war im schweizerischen Kirchenbau der 1960er- und frühen 1970er-Jahre weit verbreitet – ausser in Zürich, wo die Kirche Saatlen typologisch eine Ausnahme darstellt.

Infolge der Sanierung des undichten Sichtbacksteinturms mit einer Abdeckung aus Kupferblech hat sich der Ausdruck der Kirche massiv verändert. Schwamendingen, und insbesondere das Gebiet rund um die Kirche Saatlen, wird in Zukunft stark umgestaltet und neu überbaut.

Beton als bestimmendes Material: Kirche Glaubten (1972)

In Zürich verharrt der reformierte und katholische Sakralbau zwischen 1960 und 1975 in einer formalistischen Modernität. Es entstehen würfelförmige Kuben, im Innern meist den Deckenrand entlang indirekt belichtet – architektonisch ansprechende Räume.

Das Kirchenzentrum Glaubten fällt durch seine introvertierte Typologie mit Innenhof und dem verschlossenen Baukörper der Kirche auf. Der Innenraum wird einzig von oben über die Rücksprünge der Wände belichtet, das einfallende Licht beleuchtet die raue Oberfläche der Waschbetonwände.

Die Rippen des Dachs, die etwas an Burgzinnen erinnern, bestehen aus weiss gestrichenem Sichtbeton. Erstmals wird in Zürich eine Kirche komplett in Sichtbeton erstellt.

 

02.2 Bauweisen Moderne Kirche Saatlen 02.

02.2 Bauweisen Moderne Glaubten 03..jpg 02.2 Bauweisen Moderne Glaubten 01.1.jpg

Andreaskirche (1966)

Der fensterlose, mit Granitplatten verkleidete Betonwürfel schwebt optisch über einem Glassockel bzw. ist auf Stahlstützen gestellt.

Die grossflächige Kassettendecke wurde wie ein Atrium nach innen abgesenkt, sodass das Licht über die losgelösten Seiten ins Innere dringen kann. Diese Geschlossenheit – nicht ablenkend, aber auch nicht einengend – lädt zur konzentrierten Meditation ein.​​​​​​​

Jüngste Betonkirchen: Kirchliches Zentrum Suteracher (1982) und Kirchgemeindehaus Grünau (1990)

Beide Kirchen sind kleine Bauten in Beton, teilweise sichtbar oder verputzt. Sie sind die letzten Bauten und Zeugen für das Ende der modernen Hochkonjunktur. Sie waren ursprünglich als grössere Kirchen geplant, wurden aber wegen der ab 1965 sinkenden Anzahl Kirchgänger:innen zu bescheideneren Gemeindehäusern verkleinert.

Die Kirche Suteracher wurde 1967 vom finnischen Architekten Alvar Aalto mit 400 Plätzen geplant, während die Kirche in der Grünau als turmartiges «Haus auf dem Haus» vierstöckig geplant war.

Beide Projekte gerieten ins Stocken und wurden 1972 abgelehnt. Zwar wurden die Projekte in ihrer Grösse verändert, aber die ursprünglich geplante Bauweise und Materialität blieben einigermassen dieselben.

 

Der ursprünglicher Entwurf der Kirche Suteracher und Chilehus Grünau Der ursprünglicher Entwurf der Kirche Suteracher und Chilehus Grünau

 

 

Überblick über die Konstruktion

Baustatische Systeme

Die Kirchenbauten sind in Bezug auf ihre Konstruktion anhand ihrer Bauweise und Bauzeit kategorisiert. Bemerkenswert ist, wie ab dem 20. Jahrhundert der Massivbau aus Naturstein durch Konstruktionsweisen mit Beton ersetzt wurde.

02.3 Übersichtsplan Baustatik Grün Wasser.

Legende         (Alter chronologisch)

Massivbau in Naturstein
1   Fraumünster (9.–15. Jh.)
2   Kirche Höngg (10.–18. Jh.)
3   Grossmünster (1130/1230–1768)
4   St. Peter (13. Jh.–1706)
5   Alte Kirche Altstetten (13. Jh., 1418–1940)
6   Alte Kirche Witikon (1270–1768)
7   Alte Kirche Schwamendingen (15. Jh.–1674)
8   Wasserkirche (1484)
9   Predigerkirche (1231, 1614)
10 Alte Kirche Seebach (1664)
11 Alte Kirche Affoltern (1683)
12 Alte Kirche Wollishofen (1702)
13 Bethaus Fluntern (1762)
14 Bethaus Wiedikon (1791)
15 Alte Kirche Albisrieden (1818)
16 Neumünster (1839)
17  Grossmünsterkapelle (1860)
18 Kirche Enge (1894)
19 Johanneskirche Industrie (1898)
20 St. Jakob (1901)
21 Kirche Wipkingen (1908)
22 Kirche Oerlikon (1908)
23 Kirche Oberstrass (1910)

Massivbau in Beton
24 Pauluskirche Unterstrass (1934)
25 Neue Kirche Albisrieden (1951)
26 Bullingerkirche Hard (1956)
27 Neue Kirche Witikon (1957)
28 Thomaskirche Sihlfeld (1961)
29 Kirche Leimbach (1971)
30 Kirche Glaubten (1972)
31 Andreaskirche Sihlfeld (1966)
32 Kirche Suteracher (1982)
33 Chilehuus Grünau (1990)

Skelettbau in Beton
34 Kirche Auf der Egg (1936)
35 Grosse Kirche Altstetten (1941)
36 Markuskirche Seebach (1948)
37 Kirche Letten (1954)
38 Stefanskirche Hirzenbach (1955)
39 Kirche Saatlen (1964)

Massivbau in Sichtbackstein
40 Kirche Unterstrass (1883)
41 Kirche Bühl (1896)
42 Kreuzkirche Hottingen (1905)
43 Neue Kirche Fluntern (1920)
44 Zwinglihaus (1925)
45 Kirche Friesenberg (1947)
46 Matthäuskirche (1950)
47 Kirche Balgrist Riesbach (1952)

 

Fassadenoberflächen

Die Oberflächen der Gebäude haben sich vom Naturstein über verputzte und bemalte Oberflächen (Barockzeit) zurück zu sichtbaren Materialien entwickelt. Der Beton wurde zunächst noch verkleidet, sei es mit Muschelkalk oder mit Ziegeln, später wurde er als Sichtbeton präsentiert und zum Teil auch zelebriert.

 

02.3 Übersicht Oberflächen Fassade10.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade2.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade13.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade3.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade5.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade6.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade8.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade7.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade11.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade9.jpg 02.3 Übersicht Oberflächen Fassade12.jpg

Innenraum: Oberfläche, Belichtung und Gestaltung

Die Oberflächen in den Innenräumen entwickelten sich ähnlich wie die Fassadenflächen – sei es als roher Naturstein, verputzte Flächen, Backstein oder Sichtbeton. Häufig wurden innen und aussen die gleichen Materialien benutzt, die Detailierung und Ausarbeitung wurde im Innenraum aber verfeinert.

Die Entwicklung der Belichtung hängt eng mit der Entwicklung des Bausystems zusammen. Lange Zeit wurden die Räume seitlich über kleine Fenster belichtet, ohne direkten Blick nach aussen. In der Moderne wurde der Kirchenraum oft über einen Fensterkranz unter der Decke sowie der Chorraum punktuell belichtet. Die neueren Betonkirchen wurden oft mit Zenitallicht von oben und indirekt über die Wände beleuchtet.

Die Materialisierung und die Freskenmalerei im Innenraum haben mehrere Veränderungen erfahren. Verzierungen, Malereien und Orgel, zu Beginn der Reformation noch verteufelt und aus den umgewandelten katholischen Kirchen entfernt, kamen spätestens mit dem Bau des Neumünsters 1839 zurück. Die schlichten Oberflächen wurden bis zur Moderne wieder grosszügig verziert.

 

Predigerkirche: Barocke Stuckarbeiten und seitliche Belichtung im Obergaden Kirche Enge: Heiligenbilder und Verzierungen Zwinglihaus: Fresken mit Geschichten zu Jesus und Heiligen​​​​​​​ Kirche Oberstrass: Profiliertes Holztäfer unter verputzten Wänden Neumünsterkirche: klassizistische Verzierungen Pauluskirche: Erhöhte seitliche Fenster, Rundbögen schirmen direktes Licht ab Kirche Auf der Egg: Dreiseitiger Fensterkranz, Holz bedeckte Innenwände Markuskirche: Fensterkranz mit Gipskanneluren Neue Kirche Altstetten: Punktuelle Belichtung und Isolierplatten Bullingerkirche: Sichtbacksteine und Hohlsteine Kirche Glaubten: Rücksprünge für zenitales Streiflicht hebt Waschbeton hervor Andreaskirche: Zenitallicht und weiss verputzte Wände

Decken- und Dachstrukturen

Die romanischen Tonnengewölbe wurden während der Reformation durch gotische Kreuzrippen ersetzt, die statisch feinere Materialprofile und breitere bzw. höhere Räume ermöglichten. Im 18. und 19. Jahrhundert wurden in den Kirchen Kuppeln und Kassettendecken eingesetzt, vor allem mit den neuen Typologien der Hallenkirche und der Kreuzkirche. In der Moderne wurden durch die Entwicklung der Materialien Flachdecken möglich und am häufigsten gebaut.

 

02.3 Übersicht Decken und Dächer.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer2.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer2a.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer3.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer4.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer6.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer7.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer8.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer9.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer10a.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer10.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer11.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer14.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer12.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer15.jpg 02.3 Übersicht Decken und Dächer16.jpg

Bodenoberflächen

In den älteren Kirchen wird ausnahmslos Naturstein als Bodenmaterial verwendet. Gestaffelte Bankreihen im Mittelschiff oder vereinzelt auch im Seitenschiff stehen oft auf einem aufgedoppelten Holzboden oder Holzpodest.

Kunststeine oder gebrannte Steine werden ähnlich häufig benutzt, stehen aber nicht zwingend mit dem Fassadenmaterial in Verbindung. Bei wenigen, kleineren Kirchen gibt es auch Holzböden.

In den neueren Betonkirchen ist der Boden teilweise mit Teppich belegt. Dies kommt auch bei älteren Kirchen vor, wahrscheinlich um die Schritte zu dämpfen.

 

02.3 Übersicht Bodenoberflächen.jpg 02.3 Übersicht Bodenoberflächen3.jpg 02.3 Übersicht Bodenoberflächen2.jpg 02.3 Übersicht Bodenoberflächen6.jpg 02.3 Übersicht Bodenoberflächen4.jpg 02.3 Übersicht Bodenoberflächen9. 02.3 Übersicht Bodenoberflächen5.jpg 02.3 Übersicht Bodenoberflächen8.jpg 02.3 Übersicht Bodenoberflächen10.jpg

 

Glasmalerei

  
 
 
 
 
 

Kirche Enge: Friedrich Berbig Kirche Enge: Friedrich Berbig Kirche Enge: Friedrich Berbig Kirche Enge: Friedrich Berbig Alte Kirche Altstetten Alte Kirche Altstetten Alte Kirche Albisrieden Kirche Oerlikon Grossmünster: Augusto Giacometti Grossmünster: Sigmar Polke Grossmünster: Sigmar Polke Wasserkirche: Augusto Giacometti Kirche Unterstrass: Franz Karl Opitz Kirche Unterstrass: Franz Karl Opitz Fraumünster: Marc Chagall Fraumünster: Clement Heaton Kirche Leimbach: Sven Knebel Kreuzkirche: Georg Röttinger Matthäuskirche: Max Hunziker Neue Kirche Fluntern: August Suter, Otto Berbig Niklauskirche: Sven Knebel Predigerkirche Neue Kirche Altstetten: Werner Max Moser Kirche Letten Kirche Balgrist Markuskirche: Albert Heinrich Steiner Helferei-Kapelle: Johann Jakob Röttinger Kirche Friesenberg: Heinrich Müller Kirche Friesenberg: Heinrich Müller Bühlkirche Zwinglihaus: Otto Meyer-Amden

 

Herausforderungen an der Bausubstanz

Der Turm von Kirche Saatlen

Ein Beispiel dafür, wie Probleme der Bausubstanz das äussere Erscheinungsbild eines Gebäudes, oder hier einer Kirche, wesentlich und unrühmlich verändern können, ist die Kirche Saatlen.

Der von 1962 bis 1964 vom Architekten Claude Paillard geplante und ausgeführte Sichtbacksteinbau mit seiner sehr expressiven Staffelung der Baumasse wurde komplett aus Sichtbackstein ausgeführt. Die horizontalen Flächen wurden mit Betondeckeln abgedeckt und mit Kupfer eingefasst. 1965 erhielt die Kirche die Auszeichnung für gute Bauten der Stadt Zürich. Die Fugen der Backsteine wurden undicht und schliesslich musste beinahe der ganze Turm durch Paillard mit Kupfer eingefasst werden. Dadurch konnten die undichten Fugen zwischen den Backsteinen vor weiter eintretendem Wasser geschützt werden. Leider wurde durch diesen Schritt der einst vielgliedrige, aber doch monolithische Baukörper in seinem Ausdruck komplett verändert. 

Das Modell des geplanten Kirchturms zeigt, wie die expressive kubische Auflösung gegen dessen oberes Ende nachträglich noch geändert wurde. Wäre der Turm so ausgeführt worden wie geplant, wären sicherlich weniger Probleme mit der Dichte der Backsteine aufgetreten.

Das rutschende Pfarrhaus

Die Kirche Friesenberg am Fuss des Uetlibergs steht zwischen Schrebergärten und der ehemaligen Lehmgrube der Binz. Durch die Rutschungen, die durch den lehmhaltigen Boden ausgelöst werden, leidet das L-Förmige Ensemble von Kirchgemeindehaus und Kirche. In der Ecke des Gelenks zwischen Kirche und Gemeindehaus weist die Fassade Risse auf. Die Gebäude werden momentan durch kontinuierliche Messungen auf Rutschungen beobachtet.

  

Der Zustand nach der Sanierung mit Kupfereindeckung Modell der Kirche Saatlen vor dem Bau Die Kirche im Originalzustand 1964

Aktuell

  

ÜBERSICHT


Die Kirchen und -gemeinden im Überblick1

AUSSENRAUM


Artikel zu den Türmen, Umgebungen und Eingänge der Kirchen

1

INNENAUSSTATTUNG


Artikel zum Kirchengestühl, Kanzel, Abendmahl und Orgeln

1

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